Entstehung

Woher kommt das Ähmseltal? Wie ist das alles überhaupt entstanden, diese bunte Fantasy-Welt, die mich seit Jahren nicht mehr loslässt? Davon möchte ich hier berichten. Und vielleicht motiviert es Dich, Dir selbst einen kleinen Ort auszudenken, der nur Dir alleine gehört. An dem Du selbst bestimmen kannst, wie er aussieht und was dort passiert und an den Du Dich jederzeit zurückziehen kannst. Mit ein bisschen Geduld ist das gar nicht mal so schwer!

Manchmal passiert es sogar fast aus Versehen!

Bei mir begann es mit einem Notizbuch. Mit einem dieser Notizbücher, in das man ungefiltert alles hineinkritzelt, was man interessant, lustig oder erinnernswert findet: Zitate von schlauen Menschen, lustige Versprecher von Freunden oder einfach erfundene Wörter, deren Klang einem gefällt. Eines dieser Wörter, über das ich beim Durchblättern meiner Notizen stolperte, war das »Emseltal«.

Später habe ich es in »Ähmseltal« unbenannt? Warum? Das erfährst Du hier.

Das erste Bild

Irgendetwas an dem Wort »Ähmseltal« ließ mich nachdenklich werden. Ich weiß nicht genau was, aber ich fragte mich sofort, wie es dort wohl aussehen mochte. So setzte ich mich an den Tisch und zeichnete ein Bild. Ohne bestimmte Absicht oder große Planung, einfach wie es aus dem Stift geflossen kam. Das war im Jahre 2015. Weil ich mir gerade eine neue Kamera gekauft hatte, stellte ich sie auf und filmte den Entstehungsprozess des Bildes. Das kannst Du Dir hier anschauen!

Notizbücher und Geistesblitze

So schnell war das Ähmseltal erfunden. Fast aus Versehen. Doch was nun? Natürlich, ich wollte schreiben, denn das wollte ich schon immer, und weil ich zufälligerweise gerade angefangen hatte, die ersten Seiten eines Buches zu schreiben, dessen Inhalt noch vollkommen in den Sternen stand, lag es natürlich nahe, diese Geschichte im Ähmseltal anzusiedeln. Das Abenteuer des Asbeston fand seinen Weg in die Welt.

Für ein Abenteuer brauchte ich Ideen. Viele Ideen. Solche, die einen manchmal aus dem Nichts treffen wie ein Geistesblitz und jene, die an lustigen Abenden aus langen Gesprächen entstehen und die man bis zum nächsten Morgen wieder vergessen hat.

Die große Wunderwaffe gegen Vergesslichkeit ist das altbewährte Notizbuch, das ich immer mit mir führe. Wirklich immer. Egal, wohin es mich verschlägt und auch mitten in der Nacht liegt stets ein Büchlein bereit. Jeder noch so unwichtige Gedanke findet darin Platz. Mittlerweile füllen zehn vollgekrakelte Notizbücher meinen Schrank.

Gelegentlich ist es wichtig, sich mit einer Tasse Tee hinzusetzen und all diese Ideen zu ordnen und sorgfältig in Listen zu archivieren. Ist der Kopf einmal leer, muss man nur seine Listen zur Hand nehmen.

Tusche und Zeichentablett

Die Erzählungen des Emseltals sollten nicht nur in Form von Schrift präsentiert werden. Schließlich ist das Zeichnen meine liebste Leidenschaft. Manchmal funktioniert es auch besser, Figuren und Schauplätze durch Kritzeleien zu entwerfen, als mit bloßen Worten.

Nach einer Weile des Rumprobierens, welche Zeichenart passt und mit welchen Medien es sich am bequemsten arbeiten lässt, bin ich letztlich bei einem kunterbunten Comicstil und dem Zeichnen mit (digitaler) Zeichenfeder gelandet. Die Farbe erzeuge ich ebenfalls digital über ein Grafiktablett. Das ist schlau, denn dadurch kann ich die Illustrationen nachträglich nochmal anpassen, wenn sich im Buch die Beschreibungen der Orte und Figuren ändern – was gelegentlich vorkommt.

Zeichnen, schreiben, schlafen

Schon immer und seit der Erfindung des Ähmseltals noch einmal mehr wird mein Leben von drei Tätigkeiten dirigiert: zeichnen, schreiben und schlafen. Natürlich sind auch Freunde wichtig. Das Wichtigste, denn wer hilft einem aus der Patsche, wenn man sich in seinem Ähmseltal verrannt hat? Und überhaupt braucht man ja jemanden, dem man sein Buch am Ende vorlesen kann. Man muss also immer auf seine Freunde achtgeben.

Ansonsten aber geht es ums Zeichnen, ums Schreiben und ums Schlafen. Beziehungsweise ums Träumen. Das Träumen, gerne auch das Tagträumen, möchte ich dabei besonders betonen. Bestimmt die Hälfte meiner Ideen fällt mir nämlich ein, während ich schlafend mein Kopfkissen vollsabbere.

Zum Einschlafen denke ich oft über das Ähmseltal nach und spinne die Texte weiter, an denen ich tagsüber schreibe. (Sich selbst eine Geschichte zu erzählen, ist übrigens mein Geheimrezept für guten Schlaf!) Das hat zur Folge, dass ich beim Übergleiten in den Schlaf einfach weiterträume, was ich mir eben noch erzählt habe. Und morgens dann werde ich von einer neuen tollen Idee geweckt, wie meine Geschichte weitergeht.

Leider ist es nicht so gern gesehen, wenn man dauernd viel schläft (und verschläft). Aber ohne die vielen Stunden des Träumens gäbe es wahrscheinlich überhaupt kein Ähmseltal – und das wäre doch ganz schön traurig!

Logiklöcher und rote Fäden

Schreiben und Zeichnen beschreibt das Erschaffen einer Phantasiewelt nur unzureichend. »Erfinden« ist ein besserer Begriff. Denn das, was man beschreibt und zeichnet, ist letztlich eine Erfindung. Und was will nicht alles erfunden werden?

Wer und was lebt im Ähmseltal, wie lange gibt es die Planeten schon, gibt es einen Gott oder zwei oder unendlich oder gar keinen, sind die Naturgesetze lieb zueinander oder verendet dauert ein schöner Stern in einer Supernova, sind die ersten Menschen aus einem Ei geschlüpft oder haben sie sich aus einer Fliege herausevolutioniert, sprechen die Marsmädchen eine andere Sprache als die Zeptunen, isst man im Ähmseltal Sahnetorte und wenn ja, ist sie mit Dinosauriermilch gebacken, wurde die Milch vom Pluto importiert oder gibt es auch Kühe??

Du glaubst nicht, woran man alles denken muss!

Hat man dann endlich auf alles Erdenkliche eine Antwort gefunden, geht der schwierige Teil erst richtig los. »Plotten« nennt man das, womit man neben dem eigentlichen Schreiben und dem Weltenbau die meiste Zeit verbringt. Gerade wenn man dazu neigt, einfach wild drauf loszuerfinden und seine Geschichte sich erst im Schreibprozess entfalten lässt, sitzt man irgendwann vor einem Haufen wüster Ideen, der nett anzusehen, aber vollkommen zusammenhangslos scheint. Das in Ordnung bringen, dauert zehn mal länger, als 400 Seiten Buch zu schreiben.

Logiklöcher und Widersprüche sind in keiner Geschichte gerngesehene Gäste – auch nicht in einer ausgeflippten Phantasiewelt. Außerdem sollte das Ganze zum Ende hin besonders spannend sein und bestenfalls rote Fäden enthalten, die sich zu einem erkennbaren Muster zusammenstricken. Überarbeiten und das Stopfen von Logiklöchern ist wahrlich die Königsdisziplin.

Karten

Eine schnaufige Geschichte lebt von ihren Schauplätzen, den Charakteren, die sie bevölkern und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Das leuchtet ein. Um den Überblick nicht zu verlieren, kommt man kaum drum herum, sich ausführliche Skizzen von Landkarten und Stammbäumen anzufertigen sowie Charakterbögen auszufüllen. Sonst läuft man Gefahr, dass man Entfernungen zweier Orte falsch einschätzt oder der Nachbar der Hauptfigur im siebten Kapitel plötzlich eine andere Haarfarbe hat als im dritten. Damit das nicht geschieht, ist es wichtig, sich nicht auf sein löchriges Gedächtnis zu verlassen, sondern die ausgedachte Welt penibel zu skizzieren.

Recherche

Erfinden kann man alles. Zur Not eine eigene Logik, eigene Naturgesetze und theoretisch kann man sein Buch auch komplett in einer erfundenen Sprache schreiben. Ob das jemand lesen möchte, ist natürlich fraglich. Der Bezug zur Realität sollte irgendwo erkennbar sein. Schließlich ist die Zielgruppe zumeist menschlich mit gängigen Gehirnen, geprägt von dem Leben auf der Erde. Es ist also nicht dumm, ausreichend Elemente in seine Geschichte einzuflechten, die der gemeine Mensch aus seinem eigenen Alltag kennt.

Das heißt, Recherche sollte nicht zu kurz kommen. Und sie kann Spaß machen. Ich habe es zwar aufgegeben, eine naturgetreue detaillierte Beschreibung von Asbestons hauseigenem Wasserversorgungsystem im Buch zu erläutern, dazu fehlte mir dann doch die Motivation, mich in diese Thematik einzuarbeiten, aber ein bisschen was über das Universum gelesen zu haben, bevor man sich eine eigene Galaxie mit Mond und Stern ausdenkt, kann nicht nur sinnvoll, sondern auch lehrreich sein.

Ich empfehle einen Besuch ins Planetarium und den Kauf einiger Sachbücher oder Bildbände über entsprechende Fachbereiche. Es gibt viele tolle Bücher, in denen unterschiedlichste Themengebiete kurz und knapp, aber mit vielen Gedankenanstößen behandelt werden – die ideale Inspirationsquelle für Weltenerfinder. Bei mir zu Hause stehen dicke Wälzer, in denen alle alten Kulturen der Welt mit ihren Bräuchen und Ritualen, Symboliken und Ähnliches vorgestellt werden. Wann immer meine eigenen Ideen zuneige gehen, werfe ich einen Blick hinein.

Geräusche und bewegte Bilder

Was gibt es Cooleres, als seiner ausgedachten Welt noch den letzten Atemhauch einzuflößen und sie in Bild und Ton zum Leben zu erwecken? Richtig, nichts! Animation ist das Wort, um das es geht. Und dafür braucht man wirklich Nerven. Denn es gibt wenig wohl, in dem sich die Fortschritte so winzig anfühlen, wie beim Animieren.

Je nach Technik müssen 8 – 24 Bilder von Hand gezeichnet werden, um eine einzige flüssige Sekunde Film hinzubekommen. Selbst wenn man vereinfachte Wege wählt und sich den neuesten Stand der Technik zu Hilfe zieht, landen wir trotzdem bei stunden-, wochen-, monatelanger Arbeit für ein kleines bisschen Bewegung. Aber wenn die Lieblingsfigur aus dem Ähmseltal dann zum ersten Mal den Mund öffnet und ein Groaaar herauskommt, ist das ein erfüllenderes Gefühl, als einmal um die Welt gereist zu sein – zumindest für mich.

Natürlich soll man das Ähmseltal auch hören können. Ein neongrüner Dinosaurier macht ja kein gewöhnliches Groaaar, sondern es muss außerordentlich ähmsisch klingen. Das Wunder der Technik stellt verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, Geräusche aufzunehmen oder digital zu erzeugen, zu stauchen, verzerren, sie zehnmal hintereinander durch das Effektgerät zu jagen, bis man am Ende einen Lachanfall erleidet wegen eines einzigen Groaaar. Mit ein paar Freunden nebendran, die sich ebenfalls für Geräusche interessieren, kann es zu einer unterhaltsamen Abendbeschäftigung werden, gemeinsam ein Krächz zu erfinden und sich darüber kaputtzulachen, wie gut dieses Krächz zu einem Vogel passt.

Ein ganzes Universum

Wo bin ich nach all den Jahren mit meinem Ähmseltal gelandet? Bei weitaus mehr als einem Schauplatz für einen Fantasy-Roman. Die emsische Welt ist zu einem galaktischen Kosmos angeschwollen, der sich ähnlich schnell ausdehnt wie unser Universum und ich komme kaum hinterher, mir alles zu merken, was mir dazu einfällt. Einen solchen Ort wie das Ähmseltal in seinem Gehirn mit sich zu tragen, ist wie ein transportabler Spielplatz. Ein ganz persönlicher Spielplatz, auf den man sich bei jeder Gelegenheit – zum Einschlafen, beim Spaziergang, beim Wäscheaufhängen, bei langweiligen Familienfeiern oder im überfüllten Bus – zurückziehen und austoben kann. Und wer hätte nicht gern seinen grenzenlosen Privatspielplatz?

Ich kann Dir nur empfehlen, es auch einmal zu probieren!

Aber Du musst ein bisschen aufpassen. Den Fokus der eigentlichen Geschichte immer im Auge zu behalten, ist nämlich nicht so einfach. Ebensowenig, wie die Realität nicht aus den Blick zu verlieren. Dabei helfen einem dann die Freunde, ohne die ich mich schon längst im Ähmseltal verlaufen und den Ausgang nicht mehr gefunden hätte.

Geduld

Geduld ist die wichtigste Tugend, der man sich im Laufe eines gigantischen Projektes ergeben muss. Jedenfalls dann, wenn man sich vorgenommen hat, seinen kleinen Spielplatz auch der großen weiten Welt zur Verfügung zu stellen. Und das möchte ich sehr gerne.

Ein Buch allein schreibt sich schon selten in einem Jahr. Der Bau einer ganzen Welt nun mit neuartigen Geschöpfen, unterschiedlichen Planeten, eigentümlichen Naturgesetzen, Mythologien und Magiesystemen, festgehalten in Bild, Text und Ton – das frisst Jahre, Jahrzehnte. Da verliert man gelegentlich schon mal alle Nerven und fragt sich, was man da eigentlich tut. In solchen Momenten hilft wohl nur der altbekannte Satz, der mir ungewollt zu einem Lebensmotto geworden ist:

Abwarten und Tee trinken!